11.-12.6. Imposante Felsen, kleine Sandbuchten - und immer ein guter Wind und schäumende Wellenkämme: An der wilden Westküste der Algarve lassen wir die Seele baumeln. Wir spazieren am Rand der Steilküste entlang, beobachten die Möwen und Seeschwalben, bewundern die querliegenden Gesteinsschichten, die Abbruchkanten mit Rost- und Ockertönen. Am Rand der Steilwand wirft wieder ein Angler seine Rute aus. Unten steigen die Mutigsten im Badeanzug in den kalten Atlantik – oder im Neopren auf die Wellenbretter.
An der Praia do Amado sind die Wellen auch für AnfängerInnen geeignet; entsprechend Zulauf hat die Surfschule. Zunächst steht erst mal Aufwärmen am Strand auf dem Programm. Dann wird Trockenpaddeln geübt. Danach geht es ins Wasser, aber noch ohne Brett. Denn jetzt lernen die Neulinge das Gleiten in den Wellen kennen, die Bewegung mit der Welle und quer zur Welle. Dann erst geht es aufs Brett: rauspaddeln, die richtige Welle suchen, aufsteigen, möglichst lange gleiten, runterfallen/absteigen - und alles nochmal von vorn …
Das Cabo de Sao Vicente markiert den südwestlichsten Punkt des europäischen Festlands. Die felsige Halbinsel war schon vor 5000 Jahren ein heiliger Ort und eine wichtige Landmarke für die Seefahrer. Im 16. Jahrhundert wurde hier ein erster Leuchtturm gebaut, seine jetzige Form hat er seit 1846. Heute ist er der lichtstärkste Leuchtturm Europas: Das Leuchtfeuer ist noch in knapp 60 km Entfernung zu sehen. Schiffe halten zum Kap einen großen Sicherheitsabstand. Und dahinter geht die schier endlose See weiter bis nach Afrika und nach Amerika.
Die letzte Bratwurst, Nürnbergerle und Thüringer vor Amerika haben uns gut geschmeckt. Der Stand der jungen Bayerinnen am Cabo de Sao Vicente ist Kult, nicht nur bei den deutschen Besucherinnen und Besuchern. Hier herrscht weit mehr Betrieb als bei den Ständen mit Hamburgesas und Gelado, mit Korkhüten und kratzenden Schurwollpullovern in der Nachbarschaft.
9.-11.6. Auf der Ponta de Sagres, einer weit ins Meer ragenden Halbinsel, war vielleicht die Seefahrtschule von Heinrich dem Seefahrer, in der die portugiesischen Kapitäne und Navigatoren ihr Handwerk lernten; wir wollen die Legende gerne glauben. Heinrich, Prinz von Sagres, der eigentlich weniger Seefahrer als Finanzier und Ausstatter der Expeditionen im 15. Jahrhundert war, hat die „Navigations-Wissenschaften“ Mathematik, Kartografie und Astronomie besonders gefördert. Die Windrose im Fortaleza allerdings hat mehr Segmente als unser heutiger Kompass.
Auch wenn Sagres möglicherweise nicht das Studienzentrum für Navigationstechnik war, sein Hafen aber gehörte zu den ersten Anlaufpunkten der Großsegler auf Entdeckungstour. Hier warteten die Schiffe auf günstige Winde, hier füllten sie ihre Tanks nochmal mit Frischwasser. Stand am Ende der langen Reise die Entdeckung einer neuen Welt, eines Landes, einer Insel, wurde solch ein Landmarkierungskreuz ans Ufer gesetzt, mit dem symbolisch der Landstrich portugiesisch wurde.
Klippenangeln ist ein beliebter und gefährlicher Sport an der Ponta de Sagres. Der Angler steht am Rand einer 60 Meter hohen Steilwand, gegen die der Atlantik brandet. Unten sprüht die Gischt gegen die Felsen, oben wird der Wurf der Angelschnur vorbereitet. Da sollte man keinen Schritt zu weit nach vorne gehen. Der Wagemut wird offensichtlich belohnt, denn die Fischgründe sind hier sehr üppig. Habt Ihr schon den zweiten Angler im weißen Shirt an der Steilwand rechts entdeckt?
Die Cataplana ist ein besonderer Kochtopf: Zwei Hälften – früher und in Gaststätten meist aus Kupfer, heute im Haushaltswarenhandel eher aus Edelstahl – bilden ein Gefäß, das wie ein Schnellkochtopf unter Luftabschluss gart; nach der Hälfte der Zeit wird das Ganze umgedreht und die obere Schicht schmort nun im Saft. Unsere Cataplana war gefüllt mit Seeteufel, Garnelen und Gemüse – und überaus lecker. Demnächst probieren wir eine Cataplana mit Schweinefleisch und Muscheln.
8.6. Die charmante Kleinstadt Lagos, einer der ältesten Orte der Algarve, ist gern besuchtes Ziel internationaler Touristen. In den Gassen wird spanisch, englisch und französisch – und vor allem deutsch gesprochen. Entlang der Hafenpromenade offerieren Souvenir-, Kleider- und Lederstände ihre Waren unter Dattelpalmen. Auf den baumbestandenen Plätzen wird musiziert, das Leben pulsiert im Schatten. Wir übernachten auf dem städtischen Stellplatz beim Sportzentrum.
Von hier starteten die Segelschiffe der Entdecker und Eroberer im 15. und 16. Jahrhundert um die Welt. Heinrich der Seefahrer hat in Lagos seine Flotten ausgerüstet, die mit kostbarer Fracht zurückkamen. So wundert es nicht, dass hier auch manche Seeschlachten geschlagen wurden. Noch heute vermutet man einige Schiffe im Schlamm des Hafens. Der dient nur noch friedlichen Zwecken, mit betriebsamem Fischer- und Yachthafen und Startpunkt für Ausflugsboote zu den Felsen und Grotten der Steilküste. Gleich daneben ein toller Badestrand.
1444 kamen die ersten Sklaven aus West- und Zentralafrika in Lagos an und wurden unter den Arkaden des Zollhauses (wird gerade restauriert) meistbietend öffentlich versteigert. Waren sie anfangs noch „exotisches Luxusgut“, änderte sich die Situation nach der Entdeckung Amerikas grundlegend: Menschen aus Schwarzafrika wurden als billige Arbeitskräfte auf den brasilianischen Plantagen, den Diamanten- und Goldminen ausgebeutet. Schon Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Hauptumschlagplatz des Sklavenhandels nach Lissabon verlegt.
Wasserhunde (portugiesisch: Cao d’Agua) können Leben retten. Sie haben Schwimmhäute zwischen den Zehen der Pfoten und fühlen sich im Wasser pudelwohl. Früher haben sie die Fischer begleitet und Thunfische, die aus dem Netz heraussprangen, apportiert. Oder den Fischer selbst aus dem Wasser gerettet, weil er nicht schwimmen konnte. Wasserhunde sind unglaublich stark. Der hier hat sogar ein Boot mit sechs Menschen gezogen, erzählte sein Züchter der deutschen Reisegruppe, die sich am Hafen über die seltene Hunderasse informiert.
7.6. Wir setzen unsere Reise fort und erkunden den Westen der Algarve. Entlang der Küstenstraße reihen sich die Dörfer und Siedlungen, Gewerbezonen und einzelne Wohngebäude. Mehr als zwei Stockwerke haben nicht viele Häuser. Die höheren Apartment- und Hotelgebäude sehen wir nur von fern – sie liegen unmittelbar an der Atlantikküste und sind über Stichstraßen erreichbar. Die größeren Städte, wie etwa Albufeira und Portimao, lassen wir links liegen. Wir wollen ganz nach Westen.
Wir sind für ein paar Tage zurück nach Deutschland geflogen. Demnächst berichten wir wieder von unseren Erlebnissen in Portugal.
Wir genießen den Schatten und die Küche der Algarve. Im Restaurant der Fischervereinigung von Olhao gab es Raia Alhada (Rochen, im Ofen gebacken und mit einer Knoblauch-Essig-Soße; hinten) und Tuna (Thunfisch, gegrillt mit bissfest gedünstetem Gemüse; vorne). Die Fische haben wir zuvor unter fachkundiger Anleitung (in Deutsch!) an der Theke ausgesucht. Dazu gab‘s einen spritzigen, jungen Weißwein und den unverstellten Blick auf das Treiben im Hafenbecken.
25.-31.5. Portugal grüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Olhao, unser erstes Ziel an der Ostalgarve, ist ein umtriebiges Hafenstädtchen – mit einem großen Yacht- und Sporthafen, einem riesigen Hafenbecken für die Berufsfischerei sowie den Anlegestegen für die Ausflugsboote auf die vorgelagerten Inseln und zu den Felsen und Grotten entlang der Küste. Wir kosten unser erstes portugiesisches Bier – sehr kalt und sehr lecker.
Der Eingang zum Naturpark Ria Formosa (übersetzt: schönes Haff) liegt direkt neben unserem Campingplatz. Er erstreckt sich über 60 km die Küste entlang, fast von der spanischen Grenze bis westlich von Faro: ein Labyrinth aus Kanälen, Salzwiesen, seichten Warmwasserlagunen, Wattflächen und Sandbänken. Im Naturpark sind wir an einer Fischzucht vorbei gekommen; die Schaufelräder in den Becken bringen wohl Sauerstoff ins Wasser und gaukeln den Fischen ein fließendes Gewässer vor.
Die Gezeitenmühle im Naturpark war noch bis in die 1980er Jahre in Betrieb. Gerade beginnt die Flut, und das Becken im Vordergrund füllt sich über die beiden Öffnungen links des Hauses. Bei beginnender Ebbe wird das Wasser über Öffnungen in die Turbinen der insgesamt sechs Mahlwerke geleitet und treibt dort die Schwungräder an. Die wiederum sind mit den Mühlsteinen verbunden, die das Getreide auf den fest installierten Mahlsteinen vermahlen. Rund 30 Gezeitenmühlen waren früher an der Ostalgarve in Betrieb.