Bahnhöfe sind für uns Kathedralen des Reisens: In ungeheurer Pionierleistung gebaut oder als architektonische Meisterwerke, in Stahl und Beton, in Glas und Marmor – und immer für die Ewigkeit. Wir sind nämlich nicht nur Wohnmobil- sondern auch Eisenbahnfans.
Hier war mal eine Eisenbahn-Haltestelle. Heute stehen bequeme Holz-Sitzbänke auf den Gleisen im Bahnhof Braganca. Nett sind auch die rollenden Fahrwerke – eigens konstruiert oder tatsächlich von einem ausrangierten Schienenfahrzeug ausgebaut? In jedem Fall bieten sie den gleich nebenan abfahrenden Busreisegästen eine willkommene Sitzgelegenheit während der Wartezeit.
Der Bahnhof Pinhao ist innen und außen mit wunderschönen Fliesen bedeckt. Die Azulejos zeigen Szenen rund um den Weinbau – von der Lese der Weintrauben mit der Hand, eine Arbeit der Frauen – über den Transport in der Kiepe auf dem Rücken, eine Arbeit der Männer – und dem Pressen der Trauben mit den Füßen, ein Fest für alle – bis zum Abtransport der Fässer nach Gaia. Dazu gibt es gemalte Panoramen der Terrassen-Weinberge im Dourotal.
Für Eisenbahnfans ist der Kopfbahnhof Sao Bento in Porto ein Muss. Die Bahnhofsvorhalle ist völlig mit Azulejos ausgeschmückt. In drei Friesen übereinander erzählen die Kacheln unterschiedliche Geschichten: Unten überwiegen höfische Eleganz und historisches Schlachtengetümmel, wie etwa bei der Eroberung von Ceuta. In der Mitte zeigen die Bilder das Leben auf dem Lande, etwa bei einem Fest oder bei der Weinlese. Im oberen Fries ist die Geschichte des Transportwesens auf Fliesen gemalt – von der Sänfte über Karren und Kutschen bis zur Eisenbahn.
Weiß-blau strahlt uns der Bahnhof von Aveiro an. Rundum ist er geschmückt mit Azulejos, die verschiedene Gebäude-, Fluss- und Stadtansichten zeigen, Portraits einzelner Frauen und Männer, Szenen vom Fischfang in der Ria und von der Salzernte in den Salinen. Von Azulejo-Künstlern aus Aveiro stammen übrigens auch die Fliesen-Bilder im Bahnhof von Pinhao.
Die alte Universitätsstadt Coimbra hat mehrere Bahnhöfe, die einfach mit A-B-C benannt wurden. Der Bahnhof Coimbra A liegt mitten in der Innenstadt, unterhalb des Universitätshügels. Von diesem Kopfbahnhof starten in erster Linie Nahverkehrszüge Richtung Atlantikküste sowie nach Aveiro und Porto. Uns hat gefallen, dass man durch die Eingangstür bereits die Lok anschauen kann.
Der neue Lissaboner Hauptbahnhof wurde zur Weltausstellung EXPO 1998 gebaut. Der Gare do Oriente beeindruckt durch seine filigrane Architektur: Die Gleise sind überspannt von einer fast schwebenden Waben-Konstruktion, gehalten nur durch schmale Pfeiler, die sich oben wie Palmwedel auffalten. Das großartige Gebäude wurde nach den Plänen des spanischen Architekten Santiago Calatrava erbaut.
Ganz anders der Bahnhof Rossio: Erbaut wurde er im manuelinischen Stil im Herzen von Lissabon. Zwei mächtige Tore laden ein zur großen Zugreise, die allerdings erst ein gutes Stück höher beginnt. Im rechten Tor hat sich eine Kaffeekette eingekauft, links geht es zum langen Aufstieg. Denn zunächst müssen die Fahrgäste über 2-3 Rolltreppen das Gleisniveau erreichen – Lissabon ist halt bergig.
Ein riesiges Glas-Stahldach wölbt sich über dem alten Bahnhof Atocha in Madrid, darunter wächst Grünzeug in die Höhe. Der botanische Garten erinnert an das Attentat am 11. März 2004, das islamistische Terroristen auf die Fahrgäste verübten. Wer heute vom neuen Bahnhof Atocha gleich nebenan abreisen will, muss erst durch die strenge Personen- und Gepäckkontrolle - wie am Flughafen.
Klein aber fein ist der Bahnhof in Aranjuez, der Frühlings- und Sommerfrische des spanischen Königshauses. An der Hauptstrecke von Madrid nach Andalusien gelegen, bezaubert der Bahnhof mit seinem feinen Art-Deko-Stil. Zu den Gleisen konnten wir nicht durchgehen; das geht nur durch die automatische Schranke mit gültigem Billett.
Estacio de Franca ist ein Bahnhof nach unserem Geschmack: Eine Kathedrale des Reisens mit Dächern aus Stahl und Glas – und natürlich mit Kopf! Zwei gewölbte Tunneldächer überspannen die 13 Gleise des Kopfbahnhofs. Die spanische Eisenbahngesellschaft Renfe bedient von hier aus den Fernverkehr und die Rondalies-Linie R2, die von Barcelona als Nahverkehrszug Richtung Süden fährt.
Unsere erste Station in Spanien ist gleich eine ganz große: Der Bahnhof in Portbou hat – ebenso wie sein französischer Nachbarbahnhof in Cerbère – riesige Gleisanlagen in doppelter Ausführung und ein immens großes Stellwerk. Hier enden die meisten Züge wegen der noch immer unterschiedlichen Spurweiten in Europa. Die meisten Bahnreisenden müssen umsteigen.
Esslingen hat seinen Bahnhof von den Gleisen getrennt; über das frühere Gleis 1 brandet jetzt der Autoverkehr. Die Renovierung des Empfangsgebäudes, der Neubau des Busbahnhofs mit geschwungenem Regendach und die Neugestaltung des Bahnhofsplatzes haben sich gelohnt. Der schwarze Kasten rechts erinnert uns an das das Okkupationsmuseum in Riga, enthält aber die viel besuchten öffentlichen Bedürfnisanstalten. Jetzt fehlen nur noch Bäume, mehr Fahrradständer und ein paar Sitzgelegenheiten. Infos bei der Stadt Esslingen und Wikipedia.
In der baden-württembergischen Landeshauptstadt gab es mal eine Kathedrale des Reisens. Sie wird gerade ausgebeint, platt gemacht und tiefer gelegt: Der Kopfbahnhof im denkmalgeschützten Bonatz-Bau wird zum unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut – bis 2019 oder 2021 oder doch erst Ende 2022? Im Frühjahr 2015 wird die Baugrube zwischen dem alten Bahnhofsgebäude und dem Beginn der Gleise ausgehoben. Infos der Bauherren und –damen, der S21-Kritiker, der Stuttgarter Zeitung und Wikipedia.
Nichts Neues aus der hessischen Bankenmetropole. Der Bahnhof mit Kopf ist mit rund 350.000 Reisenden täglich nach Hamburg und München der drittgrößte Bahnhof im öffentlichen Personenverkehr in
Deutschland. Für die Deutsche Bahn gilt er aufgrund seiner Lage in der Mitte Deutschlands als wichtigste Verkehrsdrehscheibe im Zugverkehr. Als Kopfbahnhof, genau wie der Münchner Hauptbahnhof.
Infos der Stadt Frankfurt
und von Wikipedia. (Foto: Hendrik Monz)