7.1. Chillan hat doppelt unter der Geoaktivität in den vergangenen Jahrzehnten gelitten: 1939 wurde die Stadt durch ein Erdbeben fast vollständig zerstört und auch beim Beben 2010 ging einiges zu Bruch. Heute präsentiert sich Chillan mit einer alten und einer neuen Stadt. In Chillan Viejo halten wir am Denkmal von Bernardo O’Higgins, dem Freiheitskämpfer und ersten Führer eines unabhängigen Chile, der hier geboren wurde. Die moderne Kathedrale aus Beton steht in Neu-Chillan in der Nähe der Markthallen.
Die Region 500 km nördlich und südlich von Santiago wächst der gute chilenische Wein. Auch bei Obst, Gemüse und Getreide, bei Fisch und Fleisch ist Chile Selbstversorger – und exportiert zudem viele landwirtschaftliche Produkte in alle Welt (vor allem Wein, Holz und Fischereiprodukte). Auch die in Deutschland gerade verkauften Erdbeeren und Kirschen könnten von hier stammen. Entsprechend intensiv ist das fruchtbare Nord-Süd-Tal genutzt. Neben den Feldern und Plantagen erheben sich die Agrarfabriken und Verarbeitungsbetriebe, Werbung für Düngemittel und zur Schädlingsbekämpfung verschönern den Straßenrand.
Chile ist das exportstärkste Land Südamerikas und der größte Kupferexporteur der Welt. Die Wirtschaft floriert: Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen in US-Dollar ist Chile das reichste Land Lateinamerikas, gemessen in Kaufkraftparitäten liegt Chile an 2. Position. Vor dem Kupferbergbau stand der Abbau von Salpeter im Zentrum des Interesses. Bis zur Erfindung chemischer Düngemittel und neuer Zündsysteme für Kanonen und Gewehre sorgte er für Reichtum im Land – und mündete Ende des 19. Jahrhunderts in den Salpeterkrieg (auch: Pazifischer Krieg).
Die jüngere Geschichte Chiles zeigt Verbindungen nach Deutschland. Da ist zunächst die Colonia Dignidad, gegründet vom deutschen Kinderschänder Paul Schäfer, in der die Mitglieder abgeschottet in einem Kreislauf von Missbrauch und Unterdrückung lebten. Während der Militärdiktatur wurde die Kolonie als Folterzentrum des chilenischen Geheimdienstes genutzt. Augusto Pinochet putschte sich 1973 an die Macht und herrschte bis 1990; seitdem werden die Regierungen wieder demokratisch gewählt. Erst in jüngster Zeit wird die Pinochet-Diktatur aufgearbeitet.
8.1. Santiago begrüßt uns mit diesigem Wetter – oder ist es Smog? Zur Wachablösung am Präsidentenpalast „La Moneta“ kommen wir gerade noch rechtzeitig: Jede Menge Fußsoldaten, Reitersoldaten und Militärkapellen zelebrieren die Wachablösung. In der Nähe steht eine Statue des weltweit ersten demokratisch gewählten marxistischen Präsidenten Salvador Allende, der sich 1973 nach dem Militärputsch im Palast das Leben nahm. Der „Bürgerplatz“ auf der Rückseite des Präsidentenpalastes ist weiträumig abgesperrt, heute sind hier wohl keine BürgerInnen willkommen?
Nächstes Ziel unserer Stadtrundfahrt ist das Hippodrom. Nun ja. In der Ferne sehen wir die Rennbahn, zwei Reiter sind so nett und lassen uns ihre Tiere anschauen. Inklusive Rückfahrt durch die verstopften Straßen und wieder am Präsidentenpalast vorbei Richtung Plaza de Armas kostet uns das gut eine Stunde; wobei wir die letzten beiden Blocks vor dem Platz zu Fuß zurücklegen. Auf dem Platz ist der „Kilometer null“ in den Boden eingelassen, von dem aus alle Entfernungen im Land gezählt werden. Rund um den Platz sind einige schöne Paläste angeordnet.
An der Plaza de Armas stehen die Kathedrale, daneben die Hauptpost (erbaut als Palast von Valdivia) und das Museum (früher der Regierungssitz). Rund um den Baum-bestandenen Platz liegen Geschäfte und Kneipen mit breiten Arkaden. Für die Besichtigung der durchaus sehenswerten Kathedrale und das Mittagessen lässt uns die örtliche Stadtführerin nur eine halbe Stunde Freigang. Da hätten wir lieber auf den Besuch des Hippodroms verzichtet und uns länger im Stadtzentrum vergnügt.
Weiter geht es mit dem Bus, schnell vorbei an den Markthallen, durch alte und neue Quartiere. Wir erklimmen den Hügel Santa Lucia, der wegen der hohen Luftfeuchtigkeit (oder dem Smog) keinen Ausblick bietet. Dann beziehen wir unser Hotel im Stadtzentrum und haben endlich frei zur eigenen Stadterkundung: Wir schlendern zurück zum Hauptplatz und schauen den Schachspielern zu, besichtigen nochmals die Kathedrale. Abends erstrahlt der Platz in schönem Licht, überall spielen Musikgruppen, die Leute flanieren, singen mit, tanzen auf der Plaza de Armas. Das hat schon was.
9.1. Vor dem Rückflug haben wir noch einige Stunden Zeit zum Stadtbummel. In der wunderschönen alten Markthalle ergänzt Bruno seine Elefantensammlung um ein Exemplar aus Lapislazuli. Ursprünglich war der Mercado Central (eine Konstruktion aus Eisen, Holz und Glas, gefertigt in England) als Halle für Kunstausstellungen geplant. Ebenfalls zweckentfremdet ist das Gebäude des Mapuche-Bahnhofs: Bis in die 1980er-Jahre verkehrten hier die Züge nach Valparaiso, heute werden in denBahnhofshallen Messen und Konzerte veranstaltet.