12.7. In Laugar können wir das Camperleben richtig genießen. Gleich neben dem Camping steht das Freibad; nur 100 m weiter liegt der alte, gemauerte, direkt über eine Quelle mit heißem Wasser befüllte Hot Pot - frei zugänglich und mit Umkleidehäuschen. In den Gebäuden rechts ist normalerweise die Schule samt Internat untergebracht. In den langen Sommerferien wird beides zum „Edda-Hotel“. Abends konnten wir einem Konzert von Johanna Osk Valsdottir (Gesang), Bjartur Gudnason (Piano) und Kristin Larusdottir (Cello; lebt zeitweise in Berlin) lauschen.
11.7. Stykkisholmur liegt auf einer Landzunge am Nordrand der Halbinsel Snarfellsnes, quasi mitten im Breidarfjord. Wir genießen den Blick vom kleinen Leuchtturm auf viele kleine und größere Schären. Fast alle sind von Menschen unbewohnt, dafür umso mehr bevölkert von Vögeln aller Art. Im Hafengebiet sind einige alte Holzhäuser und Lagerhallen erhalten. Auf einem Hügel thront die hypermoderne evangelische Kirche. In vielen Gärten steht ein großes Trampolin, in den Einfahrten die obligatorischen Allradautos (es gibt fast keine Garagen), gerne neben dem Bootanhänger.
9.7. Snaefellsjökull („Schneeberggletscher“), der ebenmäßige Stratovulkan, war vor rund 1800 Jahren zum letzten Mal aktiv. Gestern lag sein Gipfel in Wolken, heute strahlt die Sonne vom blauen Himmel: Wir nehmen die steinige Straße 570 hinauf zum Rand des Gletscherfelds und werden mit herrlichen Aussichten auf die eisbedeckten Gipfelzipfel in 1446 m Höhe, auf schroffe Tufffelsen, verwunschene Lavafelder und buntes Rhyolithgestein belohnt. Über den Snaefellsjökull ließ Jules Verne seine Romanfiguren zur „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ aufbrechen.
8.7. Die Steilküste westlich des Snaefellsjökull ist ein Vogelparadies: Verschiedene Möwenarten sind mit dem Füttern ihrer Küken beschäftigt. Trottellummen, Dickschnabellummen und Tordalken teilen sich die fast senkrecht aus dem Meer ragenden Brutfelsen. Papageientaucher nisten hier nicht, denn ihnen fehlt die dicke Grasnarbe, unter der sie ihre Jungen großziehen. Dafür gibt es jede Menge Seeschwalbennester in den Wiesen rundum; rumlaufende Touristen werden mit lautem Geschrei und Scheinangriffen in die Flucht geschlagen.
6.7. Die Hraunfossar (= Lavawasserfälle) sind wunderschön und einzigartig in der Welt: Mitten aus der bewachsenen Felswand schießen, plätschern, rinnen auf einer Länge von knapp 1 km feine Wasserkaskaden in die milchig-graue Hvita. Die Ursache: In der porösen Lavaschicht versickertes Wasser fließt auf der undurchlässigen Basaltschicht darunter weiter und ergießt sich in die Schlucht. Weiter flussaufwärts braust die Hvita im reißenden Barnafoss durch eine enge Felsspalte mit Bögen und Rundungen. Durchschnittlich fließen hier 80 cbm/Sek, in Spitzenzeiten bis zu 500 cbm/Sek.
Snorri muss ein besonderer Mann gewesen sein. Das Althing wählte ihn Anfang des 13. Jh. zweimal in Pingvellir zum Gesetzessprecher. Am norwegischen Königshof war er erst wohlgelitten, später wurde er im Auftrag des Königs ermordet. Der Nachwelt hinterlassen hat er viele geschichtliche Aufzeichnungen, die Prosa-Edda und vermutlich die Egils-Saga. In seinem Wohnort Reykholt haben wir den Nachbau seines runden Hot Pots gesehen. Die immer noch sprudelnden heißen Quellen beheizen heute Gewächshäuser; der Gartenarbeitsutensilienwagen stand da so rum.
4./5.7. In Pingvellir wurde isländische Geschichte geschrieben: Hier trafen sich ab 930 (!) alljährlich die freien Männer, später die Goden, begleitet von jedem neunten ihrer Bauern, zum Althing, dem isländischen Parlament. Hier wurden Gesetze erlassen und Recht gesprochen, Neuigkeiten ausgetauscht, auf Pferde gewettet und gefeiert. Hier wurde im Jahr 1000 verkündet, dass die IsländerInnen zum katholischen Glauben übertreten und dem Asenkult nicht mehr in der Öffentlichkeit huldigen. Am Gesetzesberg in Pingvellir wurde am 17. Juni 1944 die isländische Republik ausgerufen.
In Pingvellir ist die Bruchkante zwischen europäischer und amerikanischer Kontinentalplatte besonders gut zu sehen: Im Westen erhebt sich die Almannagja, die Allmännerschlucht, mit bis zu 40 m hohen Basaltwänden und vielen Brüchen und Spalten, im Osten begrenzt die Hrafnagja, die Rabenschlucht, die Ebene. Die Platten driften hier etwa 8 mm pro Jahr auseinander, die Senke dazwischen verbreitert sich entsprechend. In den vergangenen 9000 Jahren haben sich Europa und Amerika rund 70 m voneinander entfernt.
4.7. Halldor Laxness war ein typisches Enfant terrible: Er konvertierte im protestantischen Island zum Katholizismus und war Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei Islands; Auslandsreisen schärften seinen Blick für fremde Kulturen und soziale Missstände im eigenen Land, die er in seinen Werken anprangerte und auch vor harter Politiker-Schelte nicht zurückschreckte. Als er 1955 von der Nobelpreisverleihung zurückkehrte, wurde er von der Bevölkerung jubelnd begrüße, aber von keinem einzigen Regierungsmitglied. Wir fanden den Jaguar vor Halldors Wohnhaus standesgemäß.