13.6. Rund um Drumheller begannen sich die bad lands in good lands zu wandeln: Am Anfang stand der Abbau von Kohle (ab den 1950er-Jahren waren die Funde von Erdöl und Erdgas ertragreicher). Auf der Suche nach Kohle fand Joseph Tyrrell den Kopf eines Dinosauriers, der das Interesse an dem unfruchtbaren Land mit den seltsamen Steinformationen verstärkte. Wir sind dem Dinosaurier Trail gefolgt – von der Kohlemine in East Coulee über die Hoodoos und die bunten Sandsteinwände bis zur Kabelfähre über den Red Deer River.
12.6. Wie fahren durch das trockene Grasland, und plötzlich fällt die Erde steil ab. Wir blicken in den breiten Canyon des Red Deer River, zu beiden Seiten und mittendrin Steilwände mit senkrechten Erosionsrillen, von Wind und Regen bizarr geformt. Im weiß-grau-hellbeigen Sandstein liegen waagrechte, härtere Gesteinsschichten, vom enthaltenen Eisen rost-rot-braun gefärbt. Schöne Pastellfarben. Denn auch im eigentlich grünen Flusstal wirken die Farben wie ausgebleicht, blaugrüne Gräser und graue Hartlaub-Büsche dominieren das Bild. Der Boden ist unfruchtbar, semi-arid, bad lands.
Wir wandern verschiedene Trails durch die bizarre Landschaft. Ein Teil der roten Gesteinsschicht bildet einen schützenden Hut über dem weichen Sandstein, der darunter ausgewaschen wird und Hoodoos, die steilen Felssäulen, bildet. In diesem Tal wurden rund 150 vollständig erhaltene Skelette von Dinosauriern gefunden und mehr als 30 verschiedenen Arten der Riesenechsen. Ein paar Knochen wurden anschaulich präsentiert, die meisten jedoch finden sich in wissenschaftlicher Obhut des Royal Tyrrell Museum of Paleontologie – und in Museen weltweit.
Unsere Reiseführer sind uneinig, ob Medicine Hat oder Lethbridge, beide in Süd-Alberta beheimatet, die sonnigste und trockenste Stadt Kanadas ist. In jedem Fall werden die Weiden hier bereits im Frühling bewässert, damit das spärliche Gras nicht gleich wieder vertrocknet. Die Bewässerungssysteme sind eindrucksvoll, hundert und mehr Meter lang, und auf Rädern fahrbar. Das Wasser kommt aus Bächen oder Seen und wird kreisförmig um den Wasserzulauf über die Wiesen verteilt. Auch unser Camping im Dinosaur Provinzpark hat die Wiesen besprengt.
Die meisten Zugstrecken, die wir gesehen haben, verlaufen eingleisig – auch schon mal quer über den Highway. Nur in Bahnhöfen und bei den großen Getreidesilos gibt es mehrere Gleise parallel. Die Züge kündigen sich (gerne auch nachts) durch lautes tuten an, damit ihre Fahrstrecke frei geräumt wird. Heute waren wir auf dem Camping in Morse, in Sichtweite zweier Gleise: Der erste Zug hatte zwei Lokomotiven vorne und eine in der Mitte, die 103 Waggons zogen. Der Gegenzug hatte nur zwei Loks vor die 131 Wagen gespannt.
Wie in Reed Lake sehen moderne, florierende Bahnhöfe in der kanadischen Prärie aus: Kein Fahrkartenschalter, kein Wartesaal, keine Aushangfahrpläne, kein repräsentatives Bahnhofsgebäude, sondern nur Gleise, Getreidesilos und ein oder mehrere Rüssel zum Befüllen der Waggons. Denn die meisten Züge fahren im Frachtverkehr. Die Wagen werden gefüllt und nach Bedarf an einen Güterzug angekoppelt, unterwegs vielleicht umgeleitet und am Zielbahnhof wieder abgekoppelt und ausgeliefert. Verträge und Buchung erfolgen online oder am Telefon, bezahlt wird unbar. Wozu sollte hier ein Bahnhof stehen?
11.6. Die Hells Angels von Manitoba auf ihren Harley Davidsons erobern die Hauptstadt ihrer Nachbarprovinz. Wir düsen hinterher und bewundern die Parks und Wasserspiele, die Hochhäuser und grünen Alleen im Zentrum der 210.000-EinwohnerInnen-Stadt. Die Royal Canadian Mounted Police Akademie besuchen wir nicht, denn die Polizeitruppe mit ihren roten Uniformjacken hat ihre tägliche Parade auf dem Exerzierplatz bereits um 12.45 Uhr begonnen (zu der Zeit saßen wir erneut mit Irene und Juerg bei Tim Hortons und stellten die Uhr eine Stunde zurück – Sommerzeit?).
10.6. Wir reisen schneller als wir eigentlich wollten, und wir planen gerade um: Wir wollen möglichst vor dem großen Urlauberansturm durch die Rocky Mountains und in den hohen Norden. Manitoba mit seinem Bauernland, den riesigen Feldern und Weiden, großen Landmaschinen und Stahlsilos finden wir gar nicht eintönig. Für Abwechslung sorgen auch ab und zu Hügelketten und Bodenwellen, Seen und Bäche, Baumreihen und Wäldchen, die den Horizont auflockern. Kurz vor der Provinz-Grenze zu Saskatchewan haben wir die ersten Ölpumpen am Wegrand nicken sehen.
9.6. Wir haben den kanadischen Schild mit seinen rosa und grauen Granithügeln, den Seen und Wäldern verlassen und fahren durch eine flache, schier endlose Ebene. Der Trans-Canada-Highway firmiert seit der Grenze Manitobas erstmals als „TCH 1“. Die Trasse ist durchgehend vierspurig, zum Teil mit deutlichen Schlaglöchern; ab Winnipeg wird es besser. Der Himmel wölbt sich unglaublich hoch über den Äckern, die gerade erst gepflügt, gedüngt und eingesät werden. Hier beginnt die Kornkammer Kanadas, die das Land mit Mais und Getreide versorgt.