6.10. Ein Tipp von unserem Camping-Host: Wir fahren am Ufer des Restigouche entlang und dann hinauf in die Hügel. Die Straße windet sich mit 15 % oder auch 17 %-Steigungen hügelauf und hügelab, aus Asphalt wird Gravel, bis wir schließlich etwa 1 km vor unserem Ziel Frida am Wegrand stehen lassen. Der Ausblick von Belvedere „Horizon de Rève“ auf das Tal des Restigouche im herbstlichen Wald hat sich dann doch gelohnt. Begeistert war auch eine Gruppe Sonntagsausflügler, die mit ihren Quads die Piste hochschossen. In dieser Gegend haben sich viele Acadier niedergelassen, die dies noch heute mit der Tricolore mit Stern deutlich zeigen. In Matapédia (hat auch einen schönen Aussichtspunkt) fahren wir über die Brücke nach New Brunswick.
5.10. Die Landschaft wird flacher, die Berge rücken in den Hintergrund, am Ufer liegen wieder Farmen und Felder, dazwischen Häuser mit Riesengrundstücken; hier hat jede Familie einen Aufsitzrasenmäher. Die Geschwindigkeitsbeschränkungen sind bemerkenswert: In mancher Kurve darf man nur 45 km/h fahren, in den Dörfern dagegen meist 70 km/h oder gar 80 km/h, ganz selten nur 50 km/h. Wir bewundern das Kunsthaus in Paspébiac, suchen die Angelsachsen in New Richmond und den Badestrand in Carleton-sur-Mer (hier soll das Wasser angeblich im Sommer 24° C warm werden). Im seichten Wasser sehen wir „Inseln“ mit Jurten und vielen Lobster-Reusen. Vogelbeobachtungstürme stehen an den Salzmarschen; die nicht hier überwinternden Flattertiere sind wohl schon längst unterwegs. Wir halten kurz an einem Zeltplatz und Treffpunkt der Micmaq First Nations und übernachten in Pointe-à-la-Croix an der Grenze zu New Brunswick.
4.10. Wir wandern noch ein bisschen im Forillon-Nationalpark: Von L‘Anse-aux-Amerindians genießen wir den Blick auf die Baie de Gaspé; leider sind keine Wale zu sehen, nur ein paar Seehunde und Vögel schlagen sich hier den Bauch voll. In der historischen Stätte Penouille besichtigen wir die Verteidigungsanlagen von 1942 zum Schutz der Gaspé gegen die deutschen U-Boote. Ein umtriebiger und gut besuchter Ort ist Percé an der Ostküste: Zu den 3147-EinwohnerInnen gesellen sich in der Saison viel mehr TouristInnen, um den malerischen Felsen und die Vogelinsel Bonaventure zu besichtigen, im Ort frischen Lobster zu speisen und Kunst oder Kitsch zu erwerben. In der Nachsaison pfeift zwar ein kalter Wind durch die Hauptstraße, was uns aber nicht vom Spaziergang entlang des St.-Lorenz-Golfs abhält. Weil es noch zu früh zum Abendessen ist, fahren wir weiter nach Chandler, Pabos Mills.
1.10. Jetzt ist die Südseite des Sankt-Lorenz-Stroms dran: Bei 6,5 Grad und Dauerregen wird heute ein Fahrtag, mit Zwischenstopp in einer Käserei in Trois-Pistoles, Mittagspause zwischen Kirche und Friedhof in Saint-Fabien und schließlich der Übernachtung beim Leuchtturm Pointe-au-Père in Rimouski. Gleich nebenan ist ein 90m langes U-Boot zu besichtigen, das bis zum Jahr 2000 seinen Dienst verrichtete. Das schräge Haus gegenüber dem Leuchtturm beherbergt ein Museum zum Untergang der „Empress of Ireland“, einem Schwesterschiff der „Titanic“, in dem 1000 irische Einwanderer 1914 den Tod fanden; nachdem wir auch die Rückreise nach Europa auf dem Frachtschiff gebucht haben, schenken wir uns das.
2.10. Die Sonne setzt sich durch bei 4,5 bis 7 Grad und heftigem Wind. Sainte Flavie streitet mit Matane um den Titel, wer das „Tor zur Gaspé-Halbinsel“ ist. Einerlei. Wir fahren am Sankt-Lorenz entlang, die Küste ist dicht besiedelt, das andere Ufer ist kaum noch zu sehen. In Cap Chat sind die Hügel mit Windrädern übersät, insgesamt 140 Rotoren sollen es sein. Eine Eole sticht heraus, weil sich das 100 m hohe Windrad um die vertikale Achse dreht. In Sainte-Anne-des Monts bewundern wir das Meeresmuseum Exploramer von außen und finden die Kirche gegenüber für den 6700-EinwohnerInnen-Ort sehr groß geraten. Weiter gehts an der jetzt wilder werdenden Küste: Die Wellen peitschen an die Ufermauern, Gischt weht über die Straße, draußen auf dem Meer tobt ein Gewitter, am Ufer fallen nur wenige Tropfen. Die Straße windet sich um die steil aufragenden Felsen, Dörfer schmiegen sich in die Nischen, Leuchttürme überragen den Strom und lassen ihr Nebelhorn klingen. Wir übernachten auf dem wunderschönen Camping "Parc et Mer“, der auf einem Felsplateau über Saint-Maxime-du-Mont-Louis liegt, und genießen den freien Blick auf den Fluss, der hier bereits 100 km breit ist.
3.10. Die Sonne strahlt und es ist wieder lausig kalt und windig. Die Flut kommt, und Sankt-Lorenz gischtet gegen das felsige Ufer. Entlang der Steilwände fahren wir nach Cap-de-la-Madeleine und schauen uns den Leuchtturm von außen an; auch das Museum ist leider schon zu. Bei Grande Vallée treten die Berge etwas zurück, der Ort mit der silbrig glänzenden Kirche kann sich am Ufer richtig breit machen. Mittags gibts in Cloridorme Jakobsmuscheln und Langustenbeine. Heute haben wir viele Baustellen; von Pilot-Fahrzeugen geführt gehts auf Berg- und Talfahrt durch den bunten Wald. Im Forillon-Nationalpark blicken wir über das Cap-Bon-Ami auf das Cap-Gaspé, den äußersten Zipfel des Nationalparks und letzten Ausläufer der Appalachen.
29./30.9. Wir fahren weiter am Nordufer des Sankt-Lorenz-Stroms Richtung Norden. Hinter Baie-Sainte-Catherine nehmen wir die kostenlose Fähre über den Saguenay-Fjord nach Tadoussac. Östlich des 786-EinwohnerInnen-Ortes bleiben wir dicht am Ufer und erkunden erst mal die Sanddünen; Mittagspause bei 10 Grad, Sonne, steifem Wind und herrlichem Blick von der Steilküste auf den St.-Lorenz, der hier mehr als 25 km breit ist.
Der Sankt-Lorenz-Strom steht hier unter Schutz: Der Saguenay-St.Lawrence Marine Park zieht sich ein weites Stück entlang des Stroms und in den Saguenay Fjord hinein. Hier leben ganzjährig Beluga- und Mink-Wale, saisonal kommen Buckelwale, Finwale, Orkas und Blauwale vorbei, weil der Kanadische Schild steil abbricht und der Fluss fast senkrecht 200 m in die Tiefe reicht. Bei den Felsen am Cap-de-Bon-Désir ziehen die Wale kaum 50 m am Ufer vorbei. Wir sehen einige Buckelwale und eine Schule Minkwale. Ein paar Kilometer nördlich im Nationalpark-Infozentrum kommen wir nicht ganz so nah an den Fluss und sehen auch keine Wale mehr, dafür gibt es eine bemerkenswerte Ausstellung und einen tollen Film über das Leben im Wasser. Wir übernachten auf einer Landzunge am weithin leuchtenden Kreuz von Les Escoumins.
Eigentlich wollten wir die Fähre von Les Escoumins nach Trois Pistoles über den Sankt-Lorenz-Strom nehmen. Doch das geht nur nach Voranmeldung, per Telefon (schlecht wegen französischer Sprache) oder im Internet (unmöglich wegen fehlendem Netz). Wir fahren noch ein Stück nach Norden, sehen die Hochspannungsleitungen, die den Strom aus dem 7000-Megawatt-Wasserkraftwerk Manic-5 nach Montreal leiten. Wir entscheiden dann, dass wir doch die Fähre in Saint-Siméon nehmen (geht dreimal täglich, ohne Voranmeldung). Also zurück nach Süden, 10 Min. Fährfahrt über den Fjord; dieses filigrane, hohe Teil ist der moderne Leuchtturm mit Nebelhorn in Pointe Noire, mit Blick über den Saguenay nach Tadoussec. Nachmittags brauchen wir knapp 70 Minuten für die Sankt-Lorenz-Überquerung nach Rivière-du-Loup.
27./28.9. Die Küste mit ihrem sanften Licht zieht seit vielen Jahren Künstlerinnen und Künstler an den Sankt-Lorenz-Strom. Baie-Saint-Paul ist eine dieser Künstlerkolonien, La Malbaie ein Stück den Fluss hinab eine weitere. Gepflegte Häuser mit diesen tollen Veranden, mit Schaukelstuhl und gerne auch umlaufend, ein kleiner Garten davor, immer mit bunten Blumenarrangements oder Kletterpflanzen an der Hauswand, die sich herbstlich färben. In manchen Vorgärten stehen Kunstwerke zum Verkauf, noch viel mehr in den Galerien und Künstlerateliers, die rege besucht sind. Nachmittags erreichen wir Saint-Siméon mit seinem Fährhafen, von dem die Autofähre nach Rivière-du-Loup ablegt. Wir quartieren uns im Camping Lavesque direkt am Wasser ein, und beobachten die Vögel und Felsen bei Ebbe und Flut; nach dem pastellfarbenen Sonnenuntergang folgt wieder ein Regentag.
26.9. Das Wetter meint es nicht so gut mit uns heute, es regnet nur einmal. Wir fahren weiter auf dem Chemin du Roi am St.-Lorenz-Strom entlang, durch schöne Dörfer mit diesen besonderen Häusern mit überdachter Veranda. Vor Quebec City wechseln wir auf den Highway 40 und lassen uns von der Navi durch die Provinzhauptstadt leiten. Kurz nach der Brücke auf die Île d‘Orléans tauchen links die 83 m hohen Montmorency Falls aus der Regenwand. In Sainte-Anne-de-Beaupré besichtigen wir die riesige Wallfahrtskirche, 1922 nach einem Brand neu errichtet und mit bemerkenswerten Mosaiken, Ornamenten und einer Weiberwirtschaft in der Apsis; seit 1658 pilgern die Gläubigen hierher. Nach nerviger Baustellenfahrt in Wolken und im Dauerregen, über einen 740m-Pass, bleiben wir eine Nacht in Baie-St.-Paul.
24./25.9. Wir übernachten in Montebello, backen Brot vor dem ehemaligen Bahnhof (heute Tourist Info), umgehen Montreal großräumig und folgen dann dem „Chemin du Roi“, der ersten ganzjährig befahrbaren Straße von Montreal nach Quebec. Am Königsweg reihen sich nette Dörfer, die Häuser meist mit überdachter Veranda und einem repräsentativen Treppen-Zugang. Dazwischen steht auch mal ein Herrenhaus, wie das linke Foto zeigt; dies war mal Pfarrhaus und ist heute Hotel. Wir übernachten im Wallfahrtsort Cap-de-la-Madeleine bei der Basilika in Notre-Dame-du-Cap, direkt am Sankt-Lorenz-Strom, mit bestem Blick auf die vorbeiziehenden Frachter und Kreuzfahrtschiffe.
In Trois-Rivières, der 140.000-EinwohnerInnen-Stadt, spazieren wir auf dem Kulturerbepfad durch die Altstadt: Hier hat Laviolette 1634 den ersten Handelsposten errichtet, 1697 kamen die Ursulinen und bauten Kloster, Kirche und eine Schule, die noch heute in Betrieb ist. Das älteste Gebäude der Stadt (Manoir Boucher de Niverville) datiert von 1668, weitere schöne Herrenhäuser stammen aus dem 18.Jahrhundert. Die Dreiflüssestadt war beliebt als Etappe auf halbem Weg zwischen Montreal und Quebec. Und sie boomt noch immer: An der Saint-Maurice-Mündung entsteht gerade ein neuer Stadtteil mit hippen Wohnhäusern, einem Yachtclub und einem riesigen Amphitheater.
23.9. Es zieht uns über den Ottawa River, ins Musée Historique in Gatineau, in Superlage am Fluss, mit bestem Blick auf die Hauptstadt. Wir wandeln von der ersten Besiedlungswelle aus Asien über die Beringstraße, zur Stippvisite der Vikinger via Island und Grönland, und weiter zur Landnahme Kanadas durch Franzosen und Engländer. Die Ausstellung macht den Einfluss der Frauen („filles du roi“, Nonnen, Unternehmerinnen) deutlich, ohne die die Kolonie nicht hätte wachsen und überdauern können. Weitere Themen sind die Kriege zwischen Engländern und Franzosen, die zuletzt im Referendum 1995 (ganz knappes Votum gegen die Unabhängigkeit der Provinz Quebec) wieder aufflackerten, sowie die Beteiligung Kanadas an den Weltkriegen und das Engagement zur Gründung der Vereinten Nationen und der Nato, die Beteiligung an vielen Friedensmissionen. Thematisiert wird auch die Enteignung der First Nations und Inuit-Völker, die systematische Entfremdung der Kinder von ihrer Kultur, Sprache, Identität durch die Schul-Internate über 120 Jahre und viele Generationen. Beeindruckt hat uns der Nachbau der Langhäuser verschiedener Stämme und die Totempfähle, ihre Jagdtechniken im Wasser (Reusen, Harpunen, Netze) und an Land (Buffalo Jump), ihre Art und Weise, Vorräte zu sammeln und zu konservieren, ihre Bekleidung und Handwerkstechniken, ihr Weg zum Überleben im arktischen Winter… Von außen ist das Museum ein riesiger ovaler Bau ohne Ecken und Kanten, im Innern führen Rundwege von einem Thema zum anderen, unglaublich viele Themen werden multimedial aufbereitet, eins geht ins andere über – ein wirklich tolles Museum.