14.3. Wir umrunden den Ätna im Uhrzeigersinn: Das Agrarstädtchen Adrano enttäuscht; wir wollten hier bei der Kooperative Oliven und Olivenöl kaufen, doch die ist inzwischen wohl umgezogen. Weiter geht’s an den Westhängen des Vulkans, der sich heute mit Wolken schmückt, nach Bronte – ein Städtchen inmitten von Pistazienplantagen. Die süßen Leckereien sind nicht ganz billig, denn die Pistazienbäume tragen nur alle zwei Jahre Früchte (oder sind es Nüsse?). Aktuell aber sind die Zweige noch kahl. Vereinzelt sind Arbeiter mit dem Frühjahrsschnitt beschäftigt; verbrannt wird das Schnittgut meist an Ort und Stelle.
Randazzo nördlich des Ätna präsentiert sich Ascheschwarz, denn als Baumaterial wurde das Vulkangestein gerne genutzt. Die Stadt selbst blieb bisher von Lavaströmen verschont, was die Menschen hier auf ihre drei mächtigen Kirchen zurückführen. Wir haben alle drei besucht und sind auch ansonsten begeistert von dem 12.000-EinwohnerInnen-Städtchen. Die Stadtverwaltung residiert in einem Palast mit Wandelgang im Innenhof, in der Altstadt streifen wir durch verwinkelte Gässchen, in der Neustadt bewundern wir die Paläste – und unser Mittagessen im „San Giorgio e il Drago“ wird von „Mama“ gekocht.
Linguaglossa nordöstlich des Ätnas präsentiert sich weit und offen: Die Straßen sind breiter, die Paläste größer und mächtiger, wenn auch selten schön herausgeputzt – da ist noch viel Arbeit nötig. Unschöne Seitenwände und schmutzige Winkel wurden vereinzelt mit großflächigen Bildern bemalt – sehr nette Idee. In den Kirchen gehen die Vorbereitungen für die Osterwoche los: Kreuze werden geschmückt, Heiligenfiguren geputzt, Wagen für den Umzug in der Karwoche vorbereitet. Draußen freuen wir uns über die grünen Parks, blühende Bäume und bunte Frühlingsblumen – und beim Weiterfahren den Blick auf das Meer.
In dieser Jahreszeit sind nur wenige Campingplätze in Sizilien in Betrieb. Rund um den Ätna ist nur der Mons Gibel Campingpark in Belpasso geöffnet – ein Riesenglück für uns. Wir sind die einzigen Gäste. Morgens vor Arbeitsbeginn fahren die netten PlatzbetreuerInnen eigens für uns beim Bäcker vorbei und besorgen uns frische Brötchen. Gleich zur Ankunft bekamen wir viele Prospekte über die Gegend und ein wunderbares Ätna-Plakat, das die Kühlschrankwand in Frida ziert. Und zum Abschied wurden wir mit einem Kräuterstrauß mit frischen Salbei-, Rosmarin- und Lorbeerzweigen beschenkt. Rosmarin wächst hier auch als Hecke.
13.3. Schon von weitem sehen wir die Rauchfahnen des Ätna. Mit seinen 3330 m ist er der höchste aktive Vulkan Europas. Wir zuckeln die Serpentinenstraße von Süden her bergan, von unserem Camping in Belpasso auf rund 600 m zum Zentrum Ätna Süd auf 1910 m Höhe. Aus der Ferne sehen wir noch die Schnee-bedeckten Ätna-Spitzen, von der Talstation der Gondelbahn beim Refugio Sapienza versperren etliche Nebenkrater die Sicht. Das Skigebiet geht von hier bis auf 2600 m rauf, Schnee gibt’s aber nur noch Reste. Ins Tal fahren wir auf der Ostseite des Vulkanmassivs, über Zafferana Etnea zurück nach Belpasso.
Der Ätna ist ein permanent aktiver Vulkan, der unablässig, meist dünnflüssige Lava aus verschiedenen Spalten und Löchern ausstößt. Rund 250 Krater verteilen sich über die 1250 qkm große Oberfläche. Wir spazieren auf den Silvestri-Kratern (entstanden Ende des 19. Jh.) und schauen bei einem Krater und Lavafeld vorbei, die erst bei einem Ausbruch 2010 entstanden sind. Ein Restaurant in „Etna Sud“ wurde am 18.7.2001 an zwei Seiten von einem Lavastrom „geküsst“, wie die Besitzer auf einer Tafel bekunden. Wir finden es mutig, einfach so weiter zu machen und mit dem Vulkan und seinen „Launen“ zu leben.
12.3. Villa Casale heißt ein beeindruckendes Schmuckstück bei Piazza Armerina: das Heim eines römischen Milliardärs. Die Mosaike der Fußböden – unglaubliche 3500 qm – sind fast völlig erhalten, weil das Gelände im 12. Jh. durch einen Erdrutsch bedeckt und so vor Verfall geschützt war. Ein beeindruckender Palast - von der zu dritt nutzbaren Latrine über die riesige, offene Säulenhalle bis zum Prunk der öffentlichen Säle und der Intimität der privaten Gemächer, mit lustigen Bildern im Kinderzimmer, geflügelten Eroten, Bikinimädchen (!) im Zimmer der Konkubinen, sowie einer innigen Liebesszene im Schlafgemach.
Besonders faszinierend ist der 64 m lange und 5 m breite „Korridor der großen Jagd“, der zur Basilika, dem Empfangssaal des Hausherrn, führt. Hier wird die Geschichte von der Jagd exotischer Tiere (Elefant, Löwe, Tiger, Flusspferd, Antilopen, etc.) erzählt. Auf unterschiedlichen Wegen werden sie zu den Schiffen transportiert, die sie von Afrika und Asien ins römische Reich bringen; hier werden sie in der Arena zur Schau gestellt und für die Kämpfe vorbereitet. Brot und Spiele, für die Tiere nicht so lustig. Der Hausherr hat sich als Leiter der Tierfangaktion in prächtigen Kleidern, umgeben von zwei Assistenten, in Szene setzen lassen.
10.3. Enna markiert ungefähr den geografischen Mittelpunkt Siziliens. Die Provinzhauptstadt liegt auf einem beherrschenden Hochplateau, das bereits in der Steinzeit besiedelt war. Danach hinterließen hier Silurer, Griechen, Römer, Araber, Normannen, Staufer und Aragonier ihre Spuren. Sie kamen, weil sich von Enna aus das Inselinnere bis hin zum Ätna gut überblicken und kontrollieren ließ. Unser Blick schweift vom “Adlerturm“ des Castillo di Lombardia über die geschwungene Stadt bis zum Antennenwald am anderen Stadtende. Wir vermuten, auch ein moderner Horchposten nutzt diese exponierte Lage.
Auf knapp 1000 m ist Enna die höchstgelegene Stadt Siziliens. Wir spazieren durch die engen Einbahnstraßen, in denen der Fußgängerweg nur aufgemalt und zudem oft zugeparkt ist. Im Dom bewundern wir die fein bearbeiteten Basaltsäulen und verzierten Wände. Hinter dem Kastell liegt der Ceresfelsen, auf dem der römischen Fruchtbarkeitsgöttin Ceres (und davor der griechischen Demeter) geopfert wurde. Denn rundum erstreckt sich fruchtbares Land: Hier wächst allerbester Hartweizen, hier war die Kornkammer der Griechen, später der Römer – und der heutigen ItalienerInnen.
Wir gönnen uns wieder einen Urlaubstag auf einem Bauernhof mit Campingplatz, irgendwo im nirgendwo bei Piazza Armerina. Die Sonne scheint bei warmen 23° C, die Hofhunde besuchen Bruno beim Boulespielen, gegen Abend rennt eine kleine Pferdeherde an Frida vorbei Richtung Ställe. Die Bäume haben hier in der Höhe noch keine Blätter, dafür zwitschern die Vögel um die Wette. Dass sie keinen Hunger leiden müssen, sehen wir an Fridas Frontscheibe: So viele Insektenleichen mussten wir lange nicht mehr abkratzen. Der Hartweizen wird hier schnell reif; bereits im Mai ist Ernte, danach bestimmen trockene Stoppelfelder das Bild.