8.3. Heute ist Internationaler Frauentag, und das sieht man in Catania an fast jeder Ecke: Überall stehen Straßenhändler und bieten kleine Gestecke oder auch große Sträuße herrlich-gelber Mimosen an; die werden auch rege gekauft – für die Liebste, die Ehefrau oder die Mama? In jedem Fall eine nette Geste. Um uns pulsiert die Stadt, die mit ihrem Umland auf rund 900.000 EinwohnerInnen kommt. Die Straßen und Geschäfte sind voll, vor den Kirchen und Museen drängen sich die Schulklassen und Touristengruppen, Straßenhändler bieten mehr Tand als Nützliches und Schönes, und überall stehen Autos.
Catania war nicht nur vom Erdbeben 1693 betroffen; bereits 1669 wurde die Stadt durch eine Eruption des Vulkans Ätna zerstört. Die Lava überflutete weite Teile der Stadt und schob den Hafen einige hundert Meter weiter ins Meer. Lediglich das Castello Ursino, die alte Stauferburg von Friedrich II., die damals hoch über der Hafenbucht aufragte, überstand den Vulkanausbruch: ein quadratisches Kastell mit markanten Rundtürmen in den vier Ecken. Das heutige Straßenniveau liegt etliche Meter höher, auf der Lava. Erst durch das Freilegen der Seitenmauern wird deutlich, wie hoch und mächtig das Bauwerk einst war.
Unsere Highlights in Catania sind der Fischmarkt und das römische Theater. Den Theater-Eingang übersieht man leicht, denn er versteckt sich hinter einer normalen Häuserfront. Und Häuser wurden bis in die 1930er-Jahre auch in dem archäologischen Areal gebaut. Ein Foto von 1950 zeigt eine Dach- und Fassadenlandschaft, wo heute wieder große Teile eines römischen Theaters sichtbar sind. Ursprünglich fanden hier 7000 ZuschauerInnen Platz; heute sind es weniger, weil immer noch ein Teil mit (bewohnten) Häusern überbaut ist. Unter den Zuschauerrängen wurden die Gewölbe und Versorgungswege wieder hergestellt – imposant.
6.3. Im Archäologischen Park stehen wir staunend vor einer architektonischen Glanzleistung des 3.Jh. vuZ, ersonnen von griechischen Meistern, vollbracht von Sklaven im Auftrag von Hieron II: Die Stufen von 42 (von insgesamt 60) Sitzreihen wurden nicht aufgemauert, sondern aus dem Felsen geschlagen. Unglaublich! Und nur deshalb hat das griechische Theater die Jahrtausende überdauert – und wird heute noch bespielt. Dem römischen Amphitheater nebenan sieht man den Zahn der Zeit (und die Erdbeben) sehr viel mehr an. Das riesige Oval (140 x 119 m) stand vor knapp 2000 Jahren im Zentrum der oft blutigen Kämpfe: „Brot und Spiele“.
Der Tyrann Hieron II hat auch einen rund 200 m langen Altar aus dem Fels meißeln lassen, auf dem gleichzeitig 450 Stiere geopfert werden konnten – sie wurden anschließend vom Volk bei einem Festmahl verspeist. Nicht so lustig hatten es die Sklaven und Kriegsgefangenen, die im nahen Steinbruch schuften mussten. Sie schufen auch das „Ohr des Dionysos“, eine 65 m lange und 23 m hohe gewundene Höhle, die den Schall enorm verstärkt. Wir hatten das Vergnügen, die künstliche Höhle zusammen mit einer Schulklasse zu besichtigen; dank 30-fachem Handy-Licht waren die Wandstrukturen gut sichtbar.
5.3. Siracusa mit seinen 120.000 EinwohnerInnen präsentiert sich heute vergleichsweise beschaulich. Vor 2400 Jahren lebten in der griechischen Metropole Syrakus rund 1 Mio. Menschen – ein Megazentrum der antiken Welt. Wir besichtigen erst die moderne Stadt auf der Ortigia-Insel, wo uns der Apollon- und Artemis-Tempels, Siziliens ältester Tempel (6. Jh. vuZ), begrüßt. Wir bewundern die barocke Pracht mit imposanten Palästen und Kirchen, nur zum kleinen Teil schachbrettartig aufgebaut, erfreulich viele enge Gassen, besonders im früheren Jüdischen Viertel, wo wir auch die Blumenbank entdeckten.
Arethusa war die antike Patronin von Siracusa. An sie erinnert die „Fonte Aretusa“, eine Süßwasserquelle, die nur wenige Meter vom Meer entfernt aus dem Boden sprudelt. Ihr klares Wasser steht in deutlichem Kontrast zum heute etwas aufgewühlten türkisfarbenen Ionischen Meer. Im dem kreisrunden Quellbecken fühlen sich die Enten wohl – und auch Papyrusgras, das außer in Ägypten und Palästina nur noch in Sizilien wächst. Aus den Papyrusstengeln entsteht wunderbares Papier, auf dem schon in der Antike geschrieben und gemalt wurde; Papyrusbilder gibt es hier an fast jedem Souvenirstand.
Besonders beeindruckt hat uns der Dom. Erbaut wurde er 500 Jahre bevor das Christentum entstand als Tempel der Athene: außen offene Säulenreihen, innen die Cella als geschlossenes Allerheiligstes. Die Christen haben daraus eine dreischiffige Basilika gemacht: die Säulen zugemauert und die Cella mit hohen Bögen geöffnet. Sehr schlicht, sehr ruhig, sehr ausgewogen in Inneren, dafür an der Vorderfront ein barockes Ensemble mit Säulen, Nischen und großen Figuren. Ein Gesamtkunstwerk. Schön, dass auch die Alabastervase aus dem Athene-Tempel, mit Bronzelöwen dekoriert, als Taufbecken erhalten blieb.