Mit dem Stadtbus düsen wir ins Hinterland: Monreale thront auf einem Hügel, mit herrlichem Blick auf Orangen- und Zitronenhaine, auf Palermo und das Meer. Die Kathedrale gehört zusammen mit der in Cefalu und dem arabisch-normannischen Palermo zum UNESCO-Weltkulturerbe. Außen bewundern wir die Ornamente an der Apsis und die Bronzetüren, im Inneren erstrahlt wieder normannisch-byzantinische Mosaikkunst mit alt- und neutestamentarischen Szenen über „schönen Tapeten“ (O-Ton Bruno), diesen tollen Marmorwänden und bunten Steinfriesen auf Augenhöhe.
Unser Highlight in Monreale ist der Kreuzgang: 228 Säulenpaare reihen sich um einen Innengarten, alle unterschiedlich, alle wunderschön, manche verwittert oder frisch restauriert. Byzantinische, sizilianische, apulische und französische Steinhauer schufen diese Pfeiler und Kapitelle – nicht nach strengen Vorgaben, sondern nach eigenem Gusto. Entstanden sind großartige Werke der Steinmetzkunst, mit religiösen Szenen und profanen Alltagsgeschichten auf den Kapitellen, die auf gedrehten oder mit Mosaiken versehenen Marmorsäulen ruhen.
Das Teatro Massimo in Palermo ist nach Wien und Mailand das drittgrößte Theater Europas. 320 BesucherInnen finden Platz im Parkett, 1000 weitere können sich die Bühne aus den Logen auf sechs Etagen übereinander anschauen. Vom Bühnenrand aus wirkt das wie ein riesiges, plüschiges, sechsstöckiges Rund, mit Königsloge im Zentrum (die heute gern vom Bürgermeister und seinen Gästen genutzt wird). Nachdem das Theater einige Jahrzehnte baufällig und geschlossen war, konnte es pünktlich zur 100-Jahr-Feier 1997 nach grundlegender Renovierung wieder in Betrieb gehen.
Eine unglaublich schöne, harmonische Kirche haben die Normannen hier bauen lassen: Ein romanisch-byzantinischer Bau, unten geschmückt mit Marmor- und Stein-Einlegearbeiten, oben die biblischen Szenen als goldunterlegte Mosaikkunst vom Feinsten. Und darüber schwebt eine Holzdecke arabischer Künstler mit seltenem Bilderzyklus in Stalaktiten- und Wabenform. In der zweiten Etage besichtigen wir die königlichen Gemächer, mit Pompejanischem und Chinesischem Saal, dem Saal der Vizekönige und dem Roger-Saal mit seinen prächtigen Jagdszenen als Wandmosaiken.
Das Parlament der autonomen Region Sizilien tagt im normannischen Königspalast. Der Herkulessaal bietet das hochherrschaftliche Ambiente für Diskurs und Diskussion. Die Wurzeln der Sizilianischen Regionalversammlung reichen bis in die Normannenzeit zurück; dies macht sie zum ältesten Parlament Italiens und einem der ältesten Parlamente in Europa. Wir wünschen den ParlamentarierInnen allzeit eine glückliche Hand in ihrem Engagement für ein prosperierendes Sizilien.
Die Kathedrale ist steinalt (1185 erbaut) und riesig, und gründet auf einer Moschee mit Universität und Bibliothek; ein Stein an der Vorhalle erinnert mit Sure 7 daran: ein islamischer Glaubenssatz an einer christlichen Kirche. Im Inneren sind die Gräber der Kaiser und Könige leider nicht zugänglich, dafür aber das silberne Reliquiar der Stadtheiligen Santa Rosalia. Ansonsten ist die Kathedrale klassizistisch tot-saniert. Einzig sehenswert ist der Meridian am Boden, bei dem die Sonne zur Mittagszeit (MEZ) das jeweilige Tierkreiszeichen anstrahlt.
Gleich zwei Normannenkirchen erheben sich am Bellini-Platz: Links die Santa Maria dell’Ammiraglio mit ihren wunderschönen goldhinterlegten Mosaikarbeiten sowie die Marmor- und Stein-Intarsien im byzantinisch-arabisch-normannischen Stil (samt Sure in arabischer Schrift); da stört der barocke Umbau kaum. Rechts steht die Kirche San Cataldo, die mit ihrer schlichten Steinarchitektur besticht – dreischiffig gebaut mit drei Kuppeln, Pfeilern und Bögen, die viel Ruhe ausstrahlen. Ihre rote Farbe verdanken die Kuppeln einem „Unfall“ bei Restaurierungsarbeiten im 18. Jahrhundert.
In der Kirche Santa Catarina hat uns die harmonische Wandverkleidung aus verschiedenen Marmorarten begeistert, und der 1 m hohe und 15 cm breite Durchgang ins Freie – freier Zugang für Katzen oder Fluchtweg für die Mäuse? Der Brunnen daneben ist kurios, weil den Statuen die Nasen (und manche Teile darunter) abgeschlagen wurden; zu Zeiten der Inquisition wurden EhebrecherInnen so gezeichnet, die „Gottesfürchtigen“ straften auch die nackten Götter und Nymphen. Erst im 20. Jahrhundert wurden die Nasen wieder hergestellt, die meisten mit deutlicher Bruchkante.
10.-14.2. Den Spruch haben wir im Normannenpalast gefunden, wir fanden ihn schön als Einstimmung zu unserer Sizilien-Reise. Gestern Abend sind wir nach ruhiger Fährfahrt in Palermo angekommen und konnten nach kaum einer Viertelstunde das Hafengelände bereits verlassen. Unser bewachter Stellplatz „Idea Vacanze“ liegt zentral und dennoch ruhig. Zum Erkunden der 700.000-EinwohnerInnen-Stadt nutzen wir den Bus. Wie immer in großen Städten nutzen wir den ersten Tag zum allgemeinen Erkunden und cruisen durch die Straßen und Gassen.
Die Orientierung in Palermo ist relativ einfach: Die historische Altstadt wird durchschnitten von zwei Verkehrsachsen: Der Corso Vittorio Emanuele II ist ein uralter Weg in Ost-West-Richtung, die Via Maqueda hat der gleichnamige spanische Vizekönig im 16. Jh. in Nord-Süd-Richtung hineinschlagen lassen. Die (heute verkehrsberuhigten) Straßen treffen sich im Herzen der Altstadt an einem Platz, genannt Quattro Canti („vier Ecken“), den vier Brunnen mit Allegorien der vier Jahreszeiten und anderen Großfiguren schmücken – das Herz Palermos.
Schon immer ist Palermo ein multikultureller Schmelztiegel: Hier trafen sich Phönizier, Griechen und Römer, Normannen, Spanier und Araber. Allein die 240 qkm große Altstadt bot früher 120.000 Menschen ein Heim. Im Lauf der Jahre allerdings verfielen die Paläste, sodass in den 1990er-Jahren nur noch 25.000 Leute hier leben konnten. Inzwischen wurden viele Gebäude renoviert und restauriert, die Bevölkerungszahl im Zentrum hat sich verdoppelt. Aber es bleibt auch noch viel zu tun, bis kein Balkon mehr bröckelt, neue Sanitäranlagen eingebaut sind, jeder Hinterhof erstrahlt.